Nutzerzentrierung – raus aus der Innensicht!
Mal Hand aufs Herz. Haben Sie sich nicht auch schon mal gefragt, ob Ihre Kundendaten aussagekräftig genug sind? Oder wieviel Zeit in Ihrem Unternehmen für Kundendaten aufgebracht wird, rein intern, unternehmenszentriert, als Nabelschau?
Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, aber meine Erfahrungen der letzten zwanzig Jahre ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Unternehmensgrößen und Abteilungen:
So gut wie alle Unternehmen haben ihre internen Prozesse in irgendeiner Form abgebildet. Das reicht von einer groben Beschreibung in Prosa bis hin zur detaillierten Darstellung als Datenflussdiagramm.
Ende des letzten Jahrhunderts wurden ganze Wandflächen mit Aris-Prozessketten tapeziert. Damals oft vor dem Hintergrund einer Standardsoftwareeinführung wie CRM oder ERP. Wenn die Innensicht verlassen wurde, dann höchstens zur Kundenbefragung. Kundenzufriedenheit wurde und wird nach wie vor häufig traditionell einmal im Jahr über mehr oder weniger komplexe Abfragen gemessen. Danach erfolgt evtl. eine Auswertung und vielleicht die Ableitung von Maßnahmen – meist unternehmensintern.
Ist dieses Vorgehen noch zeitgemäß?
Aus meiner Sicht gibt es bei den Prozessdarstellungen ein gewaltiges Manko: die fehlenden Touchpoints. Also die Stellen, an denen der Kunde oder Nutzer mit dem Produkt bzw. der Dienstleistung in Berührung kommt. An diesen Punkten werden nämlich die wesentlichen Kaufentscheidungen getroffen.
Wussten Sie, dass potenzielle Kunden im Schnitt 6-8mal mit einer Marke interagieren, bevor sie zum Kunden werden?
Das alte Vertriebskonzept hat ausgedient. Im traditionellen Marketing und Vertrieb war der „Vertriebstrichter“ die gängigste Methode, um (potenzielle) Kunden über unterschiedliche Kontaktpunkte und Kommunikationsstrecken zum Kauf zu „pushen“. Aber Entscheidungsprozesse verlaufen heutzutage nicht mehr linear. Das Konzept des Trichters versagt. Der Kunde bewegt sich außerhalb des Trichters, indem er eigenständig recherchiert, unabhängige Meinungen einholt und die Kaufphasen durch seinen Informationsvorsprung auch überspringt oder sich zurückbewegt. Zu jeder Zeit kann eine neue Information oder ein negatives Erlebnis mit einem Unternehmen die weiteren Entscheidungen beeinflussen. Diese „Customer Journey“ gibt Auskunft, wie ein Anwender durch den gesamten Kaufprozess läuft – und ermöglicht dadurch wertvolle Informationen über das Nutzerverhalten.
Was ist Customer Journey Management?
Unternehmen, die dies erkannt haben, denken konsequent gegen den Status Quo. Sie setzen sich viel mehr mit der Sichtweise der Kunden auseinander und lassen diese in ein nutzer- bzw. kundenzentriertes Geschäftsmodell einfließen. Dabei spielt die Transparenz der „Customer Journey“ eine entscheidende Rolle.
Customer Journey Management ist die Analyse und regelmässige Optimierung von Kontaktpunkten (Touchpoints), Content, Kanälen und Workflows mit Ausrichtung auf sämtliche aktive und passive Interaktionen mit einem Kunden – vom ersten Kontakt bis zur Reaktivierung.
Dies umfasst z.B., dass
- Personas, Content, Kommunikationskanäle und Kunden-Kontaktpunkte („Touchpoints“) über die gesamte Journey hinweg identifiziert, strukturiert und effizient miteinander verbunden werden.
- alle kundennahen Bereiche auf dieselben (aktuellen) Daten zugreifen können, um die Kommunikation relevant und individuell zu gestalten.
- Kommunikationskanäle nicht nur Marketingzwecken dienen, sondern auch für Vertrieb und Service den Kundenwünschen entsprechen und nahtlose Wechsel ermöglichen (ohne Informationsverluste)
- Software-Systeme (z.B. Shopsysteme, CRM-Systeme, etc.) effizient zu einer zentralen Daten-Drehscheibe miteinander verknüpft werden, um voneinander zu lernen
Dafür ist es relevant, auch die internen Prozesse, benötigten Kapazitäten und Technologien hinter jedem Touchpoint zu kennen. Beim „BluePrinting“ ergänzt man die Customer Journey um die internen Prozesse und trennt mit einer „Sichtbarkeitslinie“ die für den Kunden sichtbaren Aktivitäten des Unternehmens („Frontstage“) von den für den Kunden nicht sichtbaren Aktivitäten („Backstage“).
Die Besonderheit liegt in der gleichzeitigen Abbildung der Interaktion mit dem Kunden und der Schnittstellen im Unternehmen. Dadurch kann die Sichtweise des Kunden mit der des eigenen Unternehmens kombiniert dargestellt werden. Schwachstellen und mögliche interne als auch externe Schmerzpunkte werden schnell ersichtlich und können verbessert oder idealerweise abgestellt werden.
Wozu Customer Journey Management?
Ziel ist es, Liefer- und Leistungsketten effizienter zu gestalten. Der Fokus liegt dabei auf praxistauglichen Lösungen, die im Design-Thinking und Rapid Prototyping Verfahren entstehen.
Das aktive Management, also die Steuerung der Customer Journey, ist Voraussetzung für eine kundenzentrierte Organisation. Nur mit dieser Grundlage schaffen Unternehmen effizientere Prozessabläufe und optimierten Datenaustausch – nicht nur im Produktionsumfeld.
Ein Beispiel ist die Thermondo in Deutschland: Das Unternehmen bietet eine Heizungsmodernisierung als Komplettservice bundesweit über das Internet an: die Installation der Heizung (Gas-, Ölheizungen und Solarthermie), die Entsorgung des alten Heizungskessels, Wartung und Notfallservice. Sämtliche vertrieblichen und kaufmännischen Prozessschritte der Akquise, Planung, Angebotserstellung und des Vertragsabschlusses erfolgen digital über automatisch im Hintergrund ablaufende End-to-End-Prozesse.
Customer Journey Management als übergreifende Disziplin
Das Kundenerlebnis („Customer Experience“) muss ganzheitlich betrachtet werden. Marketing, Vertrieb und Service müssen Hand in Hand laufen. Wer auch in 10 Jahren noch erfolgreich ist, weiß heute schon, dass die Zeit der Abteilungssilos und Grabenkämpfe endgültig vorbei sein MUSS, um das vom Markt geforderte hochflexible und agile Handeln zu ermöglichen. Kunden möchten eine nahtlose Betreuung – und zwar unabhängig, ob wir uns B2B oder B2C bewegen.
Customer Journey Management sollte nicht nur technisch ermöglicht werden, sondern auch unternehmensweit als Nutzer- bzw. Kundenzentrierung aller Prozesse verstanden werden. Entsprechend muss die Geschäftsführung das Thema in die Hand nehmen und kommunizieren und mit allen Bereichen planen und umsetzen.
Was ist Ihre Meinung dazu? Haben Sie Fragen oder ein konkretes Anliegen?
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Herzlichst, Ihr Olaf Schrödel
Über die digitalimpuls GmbH
Die digitalimpuls GmbH unterstützt Unternehmen die Zeit des digitalen Wandels zu nutzen. Als Partner begleiten und befähigen wir Sie auf Ihrem Weg der Digitalisierung. Es gilt Bewährtes und Funktionierendes nachhaltig zu erhalten und weiter zu entwickeln, gleichzeitig neue Geschäftsideen und Geschäftsmodelle zu eruieren, zu entwickeln und umzusetzen. Die Anpassungszeiträume für die Ausrichtung auf Veränderungen und deren aktiven Gestaltung werden zunehmend kürzer. Die Geschwindigkeit der Veränderungen steigt stetig.